Der Höhenweg übers Sengsengebirge

03. - 04.09.2011

Der Höhenweg hat's in sich mit den zu überwindenden Höhenmetern. Wenn die Sonne scheint, gibts Millionen von Fliegen, auf den Gipfeln hunderttausende Ameisenköniginnen, die Hochzeit feiern wollen. Und weit und breit - typisch für den Karst im Kalk - kein Tropfen Wasser! Das heißt: schleppen! ... Wir sind zu Zweit unterwegs - mein jugendlicher Begleiter schleppt ebenfalls ...

Irgendetwas ist bei mir anders diesmal ... steil geht es bergauf bei sengender Sonne, weit geht es über den Bergkamm hinweg, Gipfel reiht sich an Gipfel, dazwischen gehts immer wieder tief hinunter. Das Kalkgebirge ist schroff, nicht sanft geschwungen .... der Weg 13 Stunden lang nach den Wegweisern für die Wanderer, etwa in der Mitte eine Biwakschachtel ...

Schon oft habe ich diesen Weg begangen. Manchmal sogar in nur einem Tag ... der Atem geht normal, das Herz klopft normal, der Schweiß ist normal ... nur das Steigen will heute nicht so recht! Bergab ist auch alles normal - naja fast, die neuen Bergschuhe haben ihren eigenen lederstarren Sinn, gradeaus ist alles normal ... Nur bergauf, immer nur bergauf... nur kurze Wegstrecken sind möglich, dann ist eine matte Pause notwendig.

Es irritiert - kein Trick, keine Atemübung, kein Mantra, kein konstantes Gehen ... nichts hilft ... es bleibt mühsam.

Der Weg dehnt sich auf doppelte Länge der Zeit ...

1. Tag

Ramsau, Hopfing - Feichtau - (Hohe Nock) - Größtenberg - Gamskogel - Biwakschachtel

Lawinen

Wie ich das letzte Mal hier gegangen bin, war das noch ein laubraschelnder Wanderweg. Inzwischen hat der Berg in den Wintern einige Lawinen, in den Frühjahren einige Wasserströme zu Tal geschickt und die Gegend in seinem eigenen Sinne verändert!

Die Schneise

Der Wald ist auf einem breiten Band einfach verschwunden, von herabbrausenden Schnee und zerschmeterndem Geröll zermalmt und plattgewalzt ... die Lawine ist zerschmolzen, zurück bleibt ein hölzerner Trümmerhaufen ... der aber selber zur Nahrung wird und in der Zwischenzeit durch seine Sparrigkeit die neu aufkeimenden Pflanzen vor allzu hungrigen Mäulern schützt!

Der Wurzelstock

Wie vom Himmel gefallen liegt dieser große alte Wurzelteller an einer Fichte - auch er wurde von der Lawine dorthin gerückt, weil er am Ursprungsort wohl im Wege stand ...

Silhouette

Locker ist der Bewuchs der Bäume und sie bilden als Gruppe über dem Taleinschnitt eine hübsche Silhouette. Gut für alle großen Vögel, die zwischen den engstehenden Bäumen der Forste im Tal kaum die Flügel spreizen können ...

Herbstnähe

Bald sind die Blätter ohnehin überflüssig, und so können die Käferlarven nach Lust und Laune schwelgen und Löcher in sie hineinfressen, bevor sie sich selber in den Boden zurückziehen, um dort zu überwintern ....

Waldlichtung

Etwas abseits des Weges eine stille Waldlichtung, in deren Zentrum ein alter, morscher Stamm und ein junger, grüner Baum stehen. Ein Symbol für Vergehen und Werden ....

Löcher

Wie die großen, ovalen Löcher im Stamm der Fichte anzeigen, war hier wohl der Schwarzspecht auf Futtersuche - oder sollte es etwa eine fünfstöckige Wohnstatt werden?l

Almwiese

Braungebranntes Gras bedeckt um diese heiße Sommerzeit die Alm und macht es den Kühen schon schwer, ausreichend frisches Futter zu finden. Im Hintergrund der Rohrauer Größtenberg, über den es im Laufe des Tages noch gehen soll ...

Zum ersten Mal wird mir bewußt, wie wir bummeln, wie oft wir stehenbleiben ... wie zähe der altgewohnte Weg auf die Feichtau-Alm diesmal ist ...

Hüttenbrunnen

Früher rann ein dicker Strahl Wasser aus einem Rohr, und das Wasser war Erfrischung und Labung für jeden Wanderer. Heute ist ein wenig idyllischer Wasserhahn montiert und eine Tafel "Kein Trinkwasser", im fast leeren Brunnentrog findet sich brackiges, leicht schlammiges Wasser.

Ein seltsames Naturempfinden ....

Feichtau-Alm

Es geht von der Feichtau-Hütte über die Almfläche zum Weg auf den Hohen Nock. Der Blick zurück zeigt den silbrig glänzenden Wald, der von den Borkenkäfern befallen wurde.

Sturm und Borkenkäfer

Die Stürme Emma und Paula haben dem Wald seinerzeit arg zugesetzt. In der Folge haben die Borkenkäfer ihre Chance ergriffen und den geschwächten Bäumen zur Gänze den Garaus gemacht...

Die Eberesche

In dieser Höhenlage ist die Eberesche gerade im Fruchten - hellrot leuchten ihre Beeren, die als Vogelbeeren bekannt sind, in die Gegend ...

Feichtau Seen

Der Große und der Kleine Feichtausee leuchten wie Smaragdaugen empor. Mächtige Felsstürze haben sie schon oft ihre Form verändern und ihre Wassertiefe verringern lassen ...

Der Weg über die Geröllhalde ist irgendwie anstrengender als sonst, viele Pausen habe ich nötig ...

Borkenkäfer so weit das Auge reicht

Der grüne Fleck der Feichtau-Alm ist eingekreist von den silbrigglänzenden Fichten, die der Borkenkäfer zum Absterben gebracht hat sowie jenen Fichten, die dem ersten Ansturm der Käferinvasion widerstanden haben. Ein Mosaik aus grünem Leben und silbrigem Tod ...

Der Höhenweg

Am Plateau des Hohen Nock stehend überblickt man einen großen Teil des Höhenweges ... Größtenberg, Gamskogel und Hochsengs, dahinter guckt der Gipfel des Schillereck noch hervor ...

Wir sind spät dran; und ich bin seltsam matt ... wir beschließen, den Nock-Gipfel einfach auszulassen;
nach einer Pause (und einem kurzen Schläfchen) gehen wir weiter ...

Kalte Gewalt

Die duftig-lockeren Schneeflocken haben eine furchtbare Gewalt, wenn sie als zusammengebackene Schneedecke zwischen Kälte und Wärme schwanken: Der Schnee des Winters hat diesen alten Wegweiser zusammengeknüllt.

Anstieg zum Rohrauer Größtenberg

In der Sonnenhitze ist der mit Geröll bedeckte Anstieg zum Gröstenberg besonders entmutigend anzuschauen. Endlos scheinen die Anstiege und nur mühevoll bringe ich sie hinter mich ...

Kleiner und Großer Pyhrgas

Hinter den Wäldern des Südabhanges des Sengsengebirges leuchten in der schon abendlichen Sonne die Gipfel des Kleinen und Großen Pyhrgas herüber ...

Abenddämmer

... die Dämmerung beginnt und das Ziel, die Biwakschachtel, ist noch weit ... die Berge der benachbarten Gebirgsstöcke winken - lustlos drücke ich auf den Auslöser, das Bild zeigt dennoch die Schönheit der Berge ...

Kurz vorm Tagesziel

Schwarz drängt sich der Hochsengs in das Panorama der Berge, winzig, fast unsichtbar klebt sein Gipfelkreuz an der Spitze. Jetzt gehts nur noch einige Minuten bergab und noch weniger Minuten bergauf, dann ist die erlösende Biwakschachtel erreicht ... herrlich: trinken, essen, plaudern, schlafen ...

2. Tag

Biwakschachtel - Hochsengs - Schillereck - Sender - Klaus

Neuer Tag

10 Stunden Schlaf am Stück - scheinbar war er notwendig. Nach einem ausgiebigen Frühstück und dem Auskehren der Biwakschachtel gehts weiter Richtung Hochsengs ...

Der Hochsengs

Mit etwas mehr Elan als am Vortag gehts auf den Hochsengs - aber schon bald wird auch hier das "Steigen" mühsam und die Pausen in immer kürzeren Abstädnen, dafür immer länger notwendig ...

Gipfelfreude

Das massive Gipfelkreuz des Hochsengs vor der Gebirgskulisse vom restlichen Oberösterreich ... ein Gefühl der Erhabenheit druchdringt einen, wenn der Blick so ungehindert in die Runde gehen kann, das Tal mit seiner Hektik weit unten ist, der Himmel hingegen zu Greifen nah ...

Zum Schillereck

Immer weiter, wieder rauf und runter in Richtung Schillereck, das als letzte große Erhebung des Höhenweges zur Herausforderung wird ...

Am Schillereck

Keuchend vor Anstrengung ergehe ich diesmal diesen Gipfel. Hier war eigentlich eine längere Pause geplant - aber die schattenlose, fast windstille Hitze sowie der stattfindende Hochzeitsflug von tausenden Ameisenköniginnen ließen nach der Jausenzeit bald wieder aufbrechen ... ab jetzt gehts bergab, und das ziemlich steil und daher schnell!

Die Feder

Wieder einmal liegt sie fast mitten am Weg: eine Feder! Die genaue Untersuchung erst wird zeigen, ob sie von einem Birkhuhn oder einem Schneehuhn stammt ... ersteres scheint wahrscheinlicher, denn der Lebensraum des Schneehuhns ist der Felsen um den Hochsengs ...

Der Spering

Der letzte Gipfel des Sengsengebirg-Kammes taucht vor uns auf, davor im Einschnitt ein Sender mit einem Wartungsgebäude, in dem auch eine einfach Notunterkunt für Wanderer eingerichtet ist. Ab jetzt geht es gottseidank nur mehr bergab ... Den Spering beschließen wir diesmal auszulassen ... es ist noch immer weit genug bis ins Tal ...

Ameisenhaufen

Auf der verlassenen Haidenalm finden wir unmittelbar neben dem Weg eine Gruppe von Ameisenhaufen. Auf den einzelnen Wohnstätten tut sich nur wenig - seltsam genug ist diese "dichte Verbauung" ...

Waldgebiet

Es umfängt uns nach kurzer Zeit schützender, kühler Wald, der uns bis ins Tal begleiten wird. Manchmal lockerer Bewuchs, manchmal Fichtenforst, manchmal lange Wegstrecken die Hänge querend, manchmal jäh so steil durch den Wald hinabführend, dass die Zehen wütend innen an die Schuhe klopfen ...

Abschluß

Der Tritt wird beim Abstieg mit jedem Schritt rascher und auch wieder sicherer, schweißgebadet und müde langen wir am Treffpunkt tief drunten im Tal ein, wo wir abgeholt werden.

Wo die Mattigkeit hergekommen ist, bleibt unbekannt - aber ich werde es bald bei einer weiteren Tour herauszubringen versuchen.

 

designed by © Norbert Steinwendner, A 4300 St. Valentin