Die Kuenringer und König Richard Löwenherz

Eine Sage, die zum Großteil auf Wahrheit beruht, erzählt uns über Burg Dürnstein. Man schrieb den 22. Dezember 1192. An diesem Tag kam Graf Hadmar von Kuenring mit einer Schar seiner Kriegsleute nach Dürnstein und brachte einen Gefangenen mit. Unter großer Geheimhaltung wurde dieser sofort in die Burg gebracht und hier in dem sichersten Raum, den die Festung aufzuweisen hatte, eingesperrt. Der Gefangene war der englische König Richard, der wegen seiner Tapferkeit den Beinamen „Löwenherz“ trug.
Richard Löwenherz und der Babenbergerherzog Leopold waren sehr verfeindet. Sie hatten 1191 mitsammen Krieg gegen die Mohammedaner geführt, mit der Absicht, das Heilige Land (Jerusalem) zu befreien, welches seit vielen Jahren von diesen besetzt war. Dabei erstürmten sie die Stadt Akkon. Als jedoch der Babenbergerherzog seine Fahne auf den Mauern der erstürmten Stadt aufpflanzte, ließ der englische König die rot-weiß-rote Fahne herunterreißen und in den Schmutz werfen. Herzog Leopold von Österreich war darüber so erzürnt, daß er sich an dem Krieg nicht mehr beteiligte und nach Österreich zurückkehrte. Er schwor jedoch dem Richard Löwenherz Rache, falls er ihn einmal erwischen sollte.
Als ein Jahr später Richard Löwenherz, der in sein Heimatland England unterwegs war, durch Österreich zog, wurde er in der Nähe von Wien erkannt, festgenommen und den Kuenringern übergeben, die ihn in Dürnstein einsperrten.
Richard Löwenherz hatte einen treuen Diener, den Sänger Blondel. Als der König in sein Land nicht zurückkehrte, dachte man mit Recht daran, daß er unterwegs irgendwo gefangen genommen worden sei. Da man aber nicht wußte wo, machte sich der Sänger Blondel auf den Weg und durchwanderte ganz Deutschland und Österreich. Er ging von Burg zu Burg, stellte sich vor die Mauern und sang mit lauter Stimme ein Lied, das nur König Richard und er kannten. So kam er nach langer Suche auch nach Dürnstein. Als er hier die erste Strophe seines Liedes gesungen hatte, horchte er und tatsächlich, zu seiner großen Freude hörte er, wie jemand im Innern der Burg die 2. Strophe des Liedes sang. Nun wußte Blondel, daß sein Herr, König Richard von England, hier gefangen gehalten wurde. Er kehrte sofort nach England zurück, wo er darüber berichtete.
Die Engländer verhandelten daraufhin mit den Babenbergern und boten diesen ein hohes Lösegeld, wenn sie Richard Löwenherz freiließen. Der österreichische Herzog nahm diesen Vorschlag an. König Richard wurde freigelassen und kehrte wieder nach England zurück. Die riesige Summe Lösegeld, welche die Engländer dafür bezahlten, teilten sich der deutsche Kaiser und Leopold von Babenberg. Die Babenberger konnten nun mit diesem Geld neue Burgen errichten, Straßen bauen, Handel und Gewerbe fördern und viel dazu beitragen, daß es den Menschen in Österreich gut ging.

Quelle: Waldviertler Heimatbuch, Helmut Sauer, Verlag Josef Leutgeb, Zwettl, 2. Auflage 1977, Band I
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