Tannbergsagen

Es ist eine bekannte Erscheinung, daß sich in Orten und Gegenden, die eine früh- und vorzeitliche Besiedlung und damit verbundene Heiligung aufzuweisen haben, auch mehr Volkssagen erhalten haben als in anderen. Die meisten dieser alten Sagen sind bereits vergessen oder bis zur Unkenntlichkeit entstellt, aber die ewig sagenbildende Kraft des Volkes begünstigte gerade hier das Enststehen und Aufkommen neuer. Es ist daher auch nicht verwunderlich, daß sich im Gebiete des Tannberges an der oberösterreichisch-salzburgischen Grenze „alte Geschichten“ vorfinden, da ja dieser Berg, ebenso wie der Damberg bei Steyr, Pfenningberg bei Linz und Untersberg bei Salzburg – dem Namen und der Bedeutung nach gleich – ein Kultberg ersten Ranges war. Eine Anzahl noch lebender Volkssagen aus dem obgenannten Gebiete seien nachstehend in örtlicher Aneinanderreihung dargeboten. *1)

1. Ein Astätter mußte einmal nach Salzburg und benützte nicht die Reichsstraße, sondern einen Abkürzungsweg. Er war schon um 3 Uhr nachts aufgebrochen. Als er bei Malstätt vorüberkam, begegnete er an einer Wegkreuzung eine unheimliche Gestalt, die nach Lochen ging. Er ließ sie vorüber; gleich darauf schlug es 4 Uhr (Tagesanbruch) und die Gestalt war verschwunden.

2. Kreisstehen kann man nur dort, wo sich zwei Straßen, auf denen sie die Leichen tragen, kreuzen. Eine solche Stelle befindet sich bei Seewinkel. Man schlägt einen starken Pflock in die Erde und hängt sich mit einer Kette daran. Um Mitternacht kommt dann der Teufel, entweder als wilder Hund oder als Wasserflut usw. Wenn der Beschwörer aus dem Kreis heraustreten würde, würde ihn der Teufel zerreißen. Wenn er aber darin bleibt, so nähert sich ihm der Teufel als freundlicher, grün gekleideter Jäger. Der Hofstätter konnte so im Kreis stehen.

3. In der Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag ging ein Knecht zu seiner Liebe nach Malstätt. Als er in der Früh wieder heimging, hörte er plötzlich ein starkes Schnaufen und bemerkte einen sehr großen Hund mit feurigen Augen, der mit ihm ging. Dem Knecht wurde unheimlich, er konnte sich des ungebetenen Begleiters jedoch nicht entledigen, denn dieser ging, wenn der Knecht schneller zu gehen anfing, ebenso schneller. In seiner Angst fing der Knecht an zu beten, was er sonst nie getan hatte; als er bei der Kapelle in Wichenham vorüberkam, machte er das Kreuz, worauf der Hund plötzlich zurückblieb. Am andern Tag war der Knecht sehr krank.

4. Im Teufelsgraben bei Wichenham konnte man oft den Teufel Scheiter „kloben“ hören und sehen, wie das Feuer herumspritzte. Wenn der Marx in Direnham nach dem Gebetläuten heimging, mußte er außerhalb des Holzes gehen, sonst wurde er vom Teufel arg zerkratzt. – „Feiern und Beten, nicht immer Schinden und neten“, hörte man den Teufel im Teufelsgraben oft schreien.

5. In Wichenham war eine Frau gestorben. Man hörte sie des Nachts noch über die Stiege hinaufgehen, gesehen hat sie aber niemand.

6. Die Untersberger, die nach St. Bartholomä oder Gsteig gingen, kehrten öfters in der Gebertshamer Kirche ein und spielten dort auf der Orgel. Es waren kleine Männer mit langem Bart.

7. Wenn man bei Gewittergefahr die Gebertshamer-Glocke läutete, so zog das Wetter ab.

8. Zwischen Dirnham und Petersham soll ein Schloß gewesen sein. Von dort hat sich der Schloßherr mit dem Besitzer in Friedburg durch Zeichen verständigt.

9. Der Marx in Dirnham konnte „anbinden“. Drei Diebe hat er einst beim Tisch „angebunden“, bis die Kirchenleute heimkamen, denn er war allein daheim gewesen. Einem Bekannten, der nichts vom Anbinden hielt und seine Fähigkeit anzweifelte, sagte er, er solle heimgehen, das Vieh könne im Stall nicht aufstehen. So war es auch. Erst als der Pfarrer geholt wurde, kam alles wieder in Ordnung. Als einmal Zigeuner kamen und in seiner Tenne Feuer anmachten, brachte er in einer Haferreiter Wasser zum Löschen. – Wie der Marx Zahnweh heilte: er ließ sich Blut und Fingernägel von der Seite geben, wo der zahn weh tat, gab beides in Watte und steckte alles in ein Loch in einer Eiche gegen Sonnenaufgang. Es durfte niemand dabei sein. Das Zahnweh war sofort vergangen. – Wenn das Vieh nicht fraß: er ließ sich eine Eisenstange geben und machte sie glühend. Jemand mußte ihm Wasser nachtragen und er fuhr mit der Eisenstange in den Futtertrögen auf und ab, weil er die Hexe ausbrennen mußte. – Jemand ging einmal mit dem Marxen fort. Plötzlich fing es an zu tosen und zu dröhnen, so daß der Begleiter des Marxen flüchtete. Dieser tat sehr erstaunt und sagte, daß er angeblich nichts gehört habe. – Der Marx von Dirnham konnte viel, aber nicht alles. Einmal hatte er sich, nachdem er etwas zuviel hinter die Binde gegossen hatte, einen Finger gefroren. Trotz seiner Kunst konnte er sich ihn nicht ganz heilen.

10. Der alte Leimüllner konnte ebenfalls anwenden. Zu jemand, der Zahnweh hatte, sagte er: „Geh nur vor, zwischen Helmling und Schleedorf werde ich Dir das Zahnweh schon wegbringen.“ So war es auch. Der Leimüllner machte mit der Hand vor seinem Gesichte einige Bewegungen und das Zahnweh war weg.

11. Wie der Kreuzerbauer Krebs heilte. Der Kranke mußte beten, während dem er ihm mit einer geweihten kerze die Wunde ausbrannte, was zwar sehr schmerzhaft war, jedoch geholfen hat.

12. Der Hofstätter konnte „im Kreise stehen“ und es hieß, er sei mit dem Teufel im Bunde. Einmal übernachteten bei ihm Zigeuner, die bekanntlich auch mehr können als andere, und machten in seiner Tenne Feuer. Den Bauern, der fürchtete, sie würden ihm das Haus anzünden, beruhigten sie. Darauf ging er ins Haus, holte mit einer Haberreiter Wasser und löschte ihnen das Feuer aus. Die Zigeuner erkannten jetzt, daß er noch mehr konnte als sie und zogen ab. – Als der Hofstätter starb, ging es so zu, daß niemand sich im Zimmer zu bleiben traute. Nur eine alte Dirn hatte den Mut. Sie besprengte alles mit Weihwasser und schlug Kreuze.

13. Der Zeisentaler Hans ging einmal mit seinem Sohn wildern. Dabei wurden beide von einem Förster überrascht, der sie anrief und aufforderte, sich zu ergeben. Dem Jungen war es noch gelungen, auf die Seite zu springen und zu entkommen, nachdem ihm der Vater gesagt hatte: „Schau, daß Du weiterkommst“. Zum Förster sagte er aber, er solle herschießen und wendete ihm den Rücken. Der Förster schoß, aber es machte dem Wilderer nichts. – Einmal war der Kobler Michel mit dem Zeisentaler Hans, bei dem er bedienstet war, im Holz. Der Zeisentaler befahl ihm, sich auf einen Baumstumpf zu setzen, währenddes er ihm Wild zutreiben werde. Der Kobler tat dies; auf einmal fing der Baumstumpf an, immer größer und höher zu werden. Als der Kobler schon so hoch war, daß er mit den Füßen den Boden nicht mehr erreichte, sprang er noch schnell herunter und lief heim. Der Zeisentaler, der später erst heimkam, tat verwundert ob des frühen Heimgehen des Knechtes und lachte ihn dann noch recht aus.

14. Einer ging am Gründonnerstag ins Wirtshaus; als er in der Nacht – es war bereits Karfreitag – von Kranzing gegen Gunzing kam, sah er plötzlich eine feurige Gestalt, die sich ihm näherte. Diese Gestalt verbreitete so starkes Licht, daß er auf die Kirchturmuhr von Lochen sehen konnte. Es hatte eben 2 Uhr geschlagen. Beim Hasdaxer kamen beide zusammen. Dort blieb der Bauer, der in seiner Angst zu beten angefangen hatte, stehen und ließ die Gestalt, die aus lauter Feuer zu bestehen schien, vorüber. Dann schaute er, daß er heimkam.

15. Einstmals zeigten sich auf den Heuschobern auf der Hasdaxerwiese Lichter. Einige Vorübergehende beschlossen, Steine darauf zu werfen, was ihnen jedoch nicht gelang, weil die Lichter immer unruhig sich bewegten und umherhüpften und den Steinen geschickt auswichen. Schließlich wurde es den Schützen unheimlich und sie liefen davon.

16. Zu einer stolzen, feschen Bäuerin bei Reitsham kam Samstags immer ihr Liebhaber, den sie durch eine Falltür aus dem Heuboden hereinließ. Eines Samstags klopfte es dreimal; die Bäuerin öffnete die Falltür, es war niemand draußen. Dasselbe wiederholte sich ein zweites Mal mit demselben Erfolg. Als es noch ein drittes Mal klopfte und die Bäuerin öffnete, stieß sie einen Schrei aus und schlug die Tür wieder zu. Gleichzeitig hörte man vor dem hause Schritte und ein Jäger mit einem Stecken und einer Schildhahnfeder ging vor dem Fenster vorüber. Das soll der böse Feind gewesen sein.

17. Zwischen Reitsham und Gebertsham (am Kirchenland!) steht ein Kreuz. Zwei Astätter kamen aus dem Wirtshaus und sahen auf dem Kreuz Lichter sich bewegen. Sie fürchteten sich sehr und liefen heim.

18. Zu einer Dirne, die beim Frahamer in Stullerding beschäftigt war, kam jede Nacht ein junger Bursch, der sehr schöne Lieder sang, worauf die Dirne ihm immer ein Butterbrot gab. Der Bäuerin kam dies unheimlich vor und sie riet der Magd, ihm einmal geweihtes Schwarzbrot zu geben. Dies befolgte die Dirne. Kaum hatte der Bursch das Hausbrot in Händen, fuhr er zusammen, schlug seine Krallen gegen das Fensterbrett und entfloh. Die Magd sah noch, daß er Geißfüße hatte; die Spuren der Krallen sind heute noch am Fenster in der Tenne zu sehen.

19. Der Frahamer von Stullerding wollte einst nach Kerschham um Mehl gehen; beim Binder in Ainhausen glaubte er, jemanden brecheln zu hören. Als er hinkam, kam eine Gestalt heraus, die ganz in Feuer gehüllt war. Sogar aus den Augen, aus der Nase und aus dem Mund brannte es heraus. Der Frahamer ging noch bis zur Schneiderbrücke, dann kehrte er um. Man fragte ihn nach der Erscheinung, aber er durfte nicht aussagen. Nach kaum einem halben Jahr starb er.

20. Zwei Buben, die mit keinen besonders großen Fähigkeiten ausgezeichnet waren, pflegten abends immer fortzugehen, um die Vorübergehenden zu belauschen. Als sie einmal um 4 Uhr früh heimkehrten, sahen sie eine alte Frau gehen. Sie liefen ihr vor und erkannten zu ihrem Schrecken, daß sie ihre Ahnl war, die bereits vor langer Zeit gestorben war. Das Weiblein ging auf ihr Haus zu und schaute lange auf die Stubenfenster im ersten Stock. Im selben Jahre starben zwei oder drei Personen aus der Familie.

21. In Lengau *2) waren die Franzosen dreimal. Jedesmal zogen es die Einwohner vor, besonders die jungen Mädchen, zu verschwinden. Nur die alte Glückerbäuerin hatte den Mut zu bleiben. Das erste Mal geschah ihr nichts; das zweite Mal wurde sie gebunden und in die Hoflacke geworfen, bis sie dann von den Heimkehrenden befreit wurde. Das dritte Mal kostete es ihr das Leben. Ein kleiner Hüterbub war im Haus geblieben und hatte alles mit beobachtet: Als die Franzosen vorüberzogen, klopften sie an ihr Fenster, sie öffnete und fragte, was sie wollten. Ein Franzose rief ihr zu: „Mutter, große Taler oder kaputt!“ Die Bäuerin antwortete: „Wir haben kein Kaputt“, worauf sie der Franzose niederschoß.

22. Als die Franzosen durch Lengau zogen, mußten die Bewohner des Marktes Gepäck führen. So waren einige Bauern mit den Franzosen bis nach Passau gekommen. Endlich faßten vier davon Mut, spannten in der Nacht die Pferde aus und ritten eiligst zurück. Auf halbem Wege verbargen sie diese in einem Walde und beobachteten die Maßnahmen der Franzosen. Richtig kamen bald einige Reiter zurück und sprengten ahnungslos an ihnen vorüber. Die Lengauer warteten noch lange, bis die Franzosen nach und nach zurückkamen. Erst nach sehr langer Zeit kam der letzte zurück und an ihnen vorüber. Sie ließen noch eine Weile vergehen und dann erst ritten sie weiter heimwärts, wo sie nach einigen Tagen wohlbehalten ankamen.

23. Zu dieser Zeit bekamen die meisten Häuser Einquartierung. Einmal rief ein französischer Soldat plötzlich beim Essen: „Riebe, Riebe!“ Die Leute verstanden ihn nicht und brachten ihm ein – Reibeisen. Unwirsch wies es der Soldat zurück: „Nix Riebe, zum Essen!“ Er hatte Rüben geglaubt.

24. Der Boarhammer Hiasl handelte in den Franzosenkriegen mit Geld und verdiente viel, weil er die Leute dabei betrog. Schließlich kamen ihm aber die Franzosen darauf und er flüchtete über den See nach Henndorf in einen Taubenkobel, wo er sich versteckt hielt, denn die Franzosen trachteten ihm nach dem Leben. Er wurde nicht verraten. Als er später wieder heimkam, machte er eine Stiftung, die heißt heute noch Boarhammer-Schloß. Es ist eine Kapelle und eine Wohnung für arme Leute.

25. Zwischen Friedberg und Heiligenstadt soll sich eine Stadt ausgebreitet haben.

26. Im Walde (Galgenhölzl) bei Teichstätt hörte man oft die Wilde Jagd. Der Hund vom Weinberger mußte mit, er blieb 3-4 Tage aus. Nach seiner Rückkehr war er ganz erschöpft und konnte nichts fressen; bald darauf ging er ein.

27. Ein Friedburger war eines Samstags abends damit beschäftigt, beim Hohkreuz oberhalb dem Markte „Knödl“ aufzurichten; jedoch fielen diese immer wieder um. Schließlich fing er an zu fluchen; da ertönte plötzlich ein Getöse und der Teufel kam, um ihn zu holen. Der Bauer konnte sich nur dadurch retten, daß er das Kreuz krampfhaft umklammert hielt. Um 4 Uhr früh ließ der Teufel von ihm ab, der Bauer starb aber zwei Tage später.

28. Jemand ging in der Nacht, von Straßwalchen kommend, durch den Krennwald bei Friedburg heim. Plötzlich bemerkte er neben sich eine Gestalt, die mit ihm ging, ohne auf dem ganzen Weg ein Wort nur zu sprechen. Dem Wanderer wurde ganz unheimlich, plötzlich war die Gestalt verschwunden.

29. Ein Fuhrmann fuhr in der Nacht durch den Wald, da ging ihm das Licht aus. Es war stockfinser. Auf einmal setzte sich ein Licht auf die Deichsel und leuchtete, er war froh deswegen. Als sie aus dem Wald kamen, war das Licht plötzlich verschwunden. Der Fuhrmann sagte: „Jetzt brauche ich Dich so nicht mehr, gelts Gott tausendmal.“ Da sagte das Licht: „Jetzt bin ich erlöst“; er fragte :“Warum?“ und es antwortete: „Weil Du Gelts Gott tausendmal gesagt hast!“

30. Ganz in der Nähe der Abzweigung der Straße von Schneegattern nach Frauschereck zeigte sich öfters eine weiße Gestalt ohne Kopf, die dann im Gebüsch verschwand. An der Stelle soll ein Köhler verbrannt sein.

31. Zwischen dem Wandlbauer und Schabel (?) zeigte sich ein feuriger Mann, der immer größer wurde, bis er die Größe eines Baumes erreicht hatte. Dann verschwand er in einem Ziegenstadel, aus dem in der Folge ein höllischer Lärm ertönte.

32. Jemand ging einst an einem Eichenbaum vorüber; da fiel etwas herunter, es war eine Eichel. Gleichzeitig hörte er lachen. Er fragte: „Wer lacht denn da?“ und eine Stimme antwortete; „Ja, was soll ich denn nicht lachen? Jetzt ist die Eichel heruntergefallen, da wird ein Baum daraus und wenn der groß wird, wird er umgeschnitten und aus den Brettern eine Wiege gemacht. Da kommt ein Kind hinein und das Kind wird mich erlösen, weil ich eine arme Seele bin.“

33. Zum Schluß möge noch eine ausführliche Geschichte, die zwar in Dirnham erzählt wird, sich aber an unbekannter Stelle zugetragen haben soll, wiedererzählt werden. Der Siebenjährige Krieg war zu Ende und die Kämpfer wieder heimgekehrt; nur eine wartete vergeblich auf ihren Verlobten. Abends betete sie, ihr Franz solle kommen, lebend oder tot. Eines Freitags oder Samstags nachts hörte sie vor dem Haus ein Roß wiehern, jemand klopfte an ihr Fenster und eine Stimme rief sie beim Namen: „Annemirl.“ Es war die Stimme des vermißt Gewesenen. Sie öffnete das Fenster, ihr Franz stand totenbleich draußen. Auf ihre Fragen bedeutete er ihr, daß er nicht bleiben könne, er müsse noch weit reisen, ob sie mit wolle. Sie war, weil es nicht anders ging, damit einverstanden; sie packte schnell die nötigsten Kleider in einen Binkel und setzte sich hinter ihm auf den Schimmel und die Reise ging los. Sie mußte sich an ihn halten, so schnell war der Ritt, Städte und Dörfer sah sie vorbeifliegen. Ihr wurde Angst, ihr Verlobter sagte nur: „Scheint der Mond so hell, reitet der Tod so schnell, Annemirl fürchtest Du Dich?“ Sie antwortete: „Nein, ich fürchte mich nicht, Du bist ja bei mir“. Ihr wurde nach und nach unheimlich. Wieder fragte er sie und tröstete sie: „Es ist nicht mehr weit.“ Sie fragte ihn nach dem Zweck des Rittes und nach dem Ziel, aber er antwortete nicht. Auf einmal kamen sie in einen großen Friedhof. Instinktiv ergriff sie schnell ihren Binkel und legte ihn zwischen sich und den Reiter. Plötzlich blieb das Pferd vor einem offenen Grabe stehen. Ihr Verlobter griff nach ihr zurück, erwischte jedoch den Binkel, nahm ihn und sprang damit ins Grab. Am nächsten Morgen wurde die Dirne von Leuten am Grabe aufgefunden, aber sie konnten sich nicht verständigen, weil sie in einem fremden Land war, wo man ihre Sprache nicht verstand. Sie soll ein paar Jahre ausgeblieben sein; als sie heimkam, war sie wahnsinnig.

*1) Die alte kultische Bedeutung des Tannberggebietes lässt sich u.a. auch aus einem Großteil der Ortsnamen herleiten. Der Hauptort ist Lochen, nördlich des Tannberges. Westlich von Lochen liegt Astätt am Abhang eines Höhenzuges, der, von Norden kommend, bei Hofstätt zum Niedertrumer See abfällt. Dort liegt auch in halber Höhe Malstätt und im Tal Wichenham. Unweit von Wichenham liegt Gebertsham mit seinem in der Kirche befindlichen berühmten Flügelaltar, dann über dem Höhenzug Spielberge, Dirnham und Reitsham schon im unmittelbaren Tannberggebiete. Weiter östlich, nördlich von Lochen, liegen Stullerding und Kranzing. Zeisenthal liegt ebenfalls am Tannbergabhang.

*2) In der Talsenke zwischen Tannberg, bzw. dem nördlich gelegenen Höhenzug und dem Kobernaußerwald, durch die die Bahnlinie Steindorf-Braunau führt, liegt, noch in unmittelbarer Nähe des Berges, Lengau, von wo einige Geschichten aus der Franzosenzeit wiedergegeben werden sollen, dann Teichstätt und schon beim Kobernaußerwald Friedburg und Schneegattern, südlich davon der Krennwald und Straßwalchen.

 

 

Quelle: Heimatgaue, Zeitschrift für oberösterreichische Geschichte, Landes- und Volkskunde, Herausgegeben von Dr. Albert Depiny
Verlag Pirngruber, Linz, 17. Jahrgang 1936., 3. und. 4. Heft

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