Der Mäusehund

Die Bauern von Ganslosen waren von alters recht einfältige Leute, die leicht geneckt und gehänselt, ja selbst betrogen werden konnten. Einmal machte sich dies auch ein Spaßvogel zunutze. Er kam mit einer großen Katze, die er an einer Schnur führte, ins Dorf und spielte den durchziehenden Wandersmann. Ein neugieriger Bauer hatte ihn sofort erblickt, lief schnurstracks zu seinem Nachbarn und sprach: "Ei, lieber Nachbar, seht doch, was dieser Mann für ein seltsames Tier trägt! Was mag das nur sein? Kommt, wir wollen ihn fragen!" Da schrien sie alle zusammen: "Hör, lieber Landsmann, was trägst du da für ein Tier?" Da antwortete der Schalk: "Es ist ein Mäusehund." Als die Bauern das hörten, freuten sie sich, denn sie hatten noch keinen gesehen, hatten dafür aber viele Mäuse, die ihnen Korn, Gerste und Hafer zerfraßen. Sie fragten also den Spaßvogel, ob ihm der Mäusehund feil wäre. Der sagte ja, und sie fragten ihn schließlich, wieviel er koste. Er antwortete: ,,200 Gulden." Das sprach sich gleich im Dorf herum, daß einer da wäre, der ihnen einen Mäusehund verkaufen wolle. Die Bauern freuten sich darüber alle und hofften, die Mäuse nun los zu werden. Sie wurden mit dem Manne handelseinig, legten dem Dorfe eine Steuer auf und gaben ihm 100 Gulden für die Katze. Der gab sie ihnen, worauf er fröhlich seine Straße weiterzog.

Die Bauern ließen darauf ihren Mäusehund in eine Stube laufen und fanden ihr Wohlgefallen an dem schönen Tier. Dabei fiel jedoch einem von ihnen etwas ein, und er sprach: "Potz Blitz, wir haben vergessen zu fragen, was er eigentlich frißt." Und da es keiner wußte, schickten sie zwei dem Spaßvogel nach, er solle ihnen sagen, was das Tier fresse. Wie sie ihn einholten, sagte er: "Was man ihm geyt*)!" Darüber erschraken beide nicht wenig, denn sie verstanden, er fresse Vieh und Leut', liefen zurück und sagten es den andern. Diese erfaßte gleichfalls große Angst und sie meinten: "Ach Gott, was haben wir getan! Wären wir ihn nur wieder los, wir wollten das Geld gern fahren lassen." Wenn er keine Mäuse mehr hat, dann frißt er unser Vieh, und wenn er kein Vieh mehr hat, dann geht er über uns samt Weib und Kind. Wollen wir lieber wieder eine Steuer einheben und unserm Nachbarn sein Haus bezahlen und es in Brand stecken. Dann werden wir den Mäusehund los samt unserer großen Sorge für Vieh, Weib und Kinder und für uns selber." Das gefiel allen recht gut, sie zahlten das Haus und steckten es in Brand. Wie es nun kräftig brannte und die Katze sah, daß das Feuer zur Stube hineinwollte, sprang sie zum Fenster hinaus und lief auf die Bauern zu. Wie die sahen, daß der Mäusehund auf sie zukam, flohen sie nach allen Seiten, schrien und warfen das Tier mit Steinen, da sie meinten, es wolle sie fressen. Unterdessen nahm das Feuer so überhand, daß es auf die andern Häuser übergriff und im Nu das ganze Dorf einäscherte.

*) gibt

Quelle: Schelme und Narren; Josef Pöttinger; Verlag Ferdinand Ertl Wien; 1941

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