VORWORT

Nur mit Humor deine Sache besteIlt,
Dann lacht dir froh die ganze Welt. .
(Inschrift im Berliner Ratskeller)

Das vorliegende Bändchen bringt aus allen deutschen Gauen unseres Reiches eine Auswahl Schwänke – Geschichten von Schelmen, Narren, Toren und schnurrigen Käuzen -, wie sie heutzutage noch im Landvolk von Mund zu Mund gehen und zur Erheiterung in Feierstunden dienen.

Wir finden sie an der im Meere sich spiegelnden Wasserkante, in den weiten Landschaften des norddeutschen Tieflandes, treffen sie im mitteldeutschen Gebirgsland und besonders aus- geprägt in Schwaben, Bayern und in der Ostmark an. Ihre Entstehung liegt zumeist Ende des Mittelalters, wo fahrendes Volk die Straßen belebte und in der Dorfschenke auf Märkten und Hochzeiten seine Narrenstücklein zum besten gab. Unter diesen lustigen Gesellen finden wir den wandernden Handwerksburschen, den fahrenden Schüler und den abgedankten Landsknecht. Sie mischten sich oft unauffällig unter die Leute und warteten auf eine Gelegenheit, um ihre Streiche und Schnurren anzubringen. Mitunter trat der Schelm in Narrenkleidung und mit Schellenkappe auf, spielte den Einfältigen, und wenn die Leute über ihn zu lachen begannen, flickte er ihnen eines am Zeug und gab ihnen zum Schaden noch den Spott.

Eine andere Art von Schwänken bilden die Spitz- und Spottnamen, die Ortsneckereien ihre Entstehung verdanken. Sie wurden niemals tragisch genommen. In diesen Neckereien gibt sich ein frischer, köstlicher, manchmal etwas derber, aber nicht verletzender Humor zu erkennen, der kaum eine Stadt verschont. Neckereien zwischen benachbarten Orten oder Tälern, die einander einen Schabernack antun oder einander allerlei Dummheiten in die Schuhe schieben wollten, bilden da und dort den Anlaß zu diesen Spitznamen. Oft war es nur einer im Orte, der durch eine unbedachte Handlung dazu beitrug, daß die ganze Gemeinde verspottet werden konnte. So entstanden die Erzählungen über die Mondseer, Salzburger, Lauinger, Ulmer usw. All diese kurzen Erzählungen, seien sie in der Art des Schildbürger-, des LaIebuches, der Eulenspiegeleien oder der Ortsneckereien, zeichnen sich durch ihre schlichte und einfache Darstellung aus, und es liegt ihnen ein köstlicher Humor zugrunde, der geboren ist aus lebendigem, gesundem Volksempfinden. Klobig und holzschnittartig erscheinen die Gestalten, die im Mittelpunkt der Handlung stehen. Ob das der gutmütige Dummkopf, der einfältige Narr, der biedere Bürger oder der Erzschelm ist, der es hinter den Ohren hat, sie alle zeugen von frischem Lebensmut und von einer Urwüchsigkeit, welche man nur in der echten, unverfälschten Volksart findet. Diese Schätze echter Volkspoesie, die mitunter menschliche Schwächen und Torheiten aufdecken und diesen oft recht kräftig zu Leibe rücken, wirken aber auch im erzieherischen Sinne ein und besitzen hohen sittlichen Wert. Man muß zuweilen auch dem Narren Platz geben, um herzlich lachen zu können. Und wer das nun wirklich tun will, möge sich an diesem Schelmenbüchlein erfreuen.

Josef Pöttinger

Quelle: Schelme und Narren; Josef Pöttinger; Verlag Ferdinand Ertl Wien; 1941

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