Der Opferstein

Auf der Mardetschlägerseite des Leopoldschläger Berges sieht man in einem Felsblock eine Vertiefung wie eine Waschschüssel. Es steht grünliches Wasser darinnen. Die Leute sagen, wenn man auch das Becken ausschöpft, wird doch immer wieder Wasser darinnen sein. Ein Zufluß ist nicht zu bemerken.
Vermutlich handelt es sich um eine Opferstätte aus der Zeit, als das Christen- tum noch nicht in die hiesige Gegend gekommen war. Damals opferte der weiß- gekleidete Oberpriester auf dem einsamen Waldberge in Gegenwart des Volkes den Naturgöttern ein weißes Rind, einen Widder oder gar ein Pferd. Die Steinschale diente zum Auffangen des Blutes.

Der oberste Gott, der Schöpfer, Lenker und Erhalter aller Dinge war Wodan.
Er ritt in den Wolken des Sturmes auf einem achtfüßigen Schimmel über Berg und Tal, begleitet von Jägern und Hunden. Noch heute sagt man bei Sturm- gebraus: Es reitet die wilde Jagd. Manche Sage darüber geht im Volke herum. Wem die wilde Jagd begegnet, der muß sich eilends in einen Graben werfen mit dem Gesicht nach unten und die Meute vorübersausen lassen, dann geschieht ihm nichts. Tut er anders, könnte es ihm schlecht ergehen.

Ein Sohn Wodans war Tyr oder Ziu oder Er, der Gott des Krieges und der Stärke. Ihm war der Dienstag (Ertag oder Irtag) geweiht. An Donar oder Thor, den Gott des Gewitters, erinnert der Name Donnerstag. Sein Hammer fliegt donnernd und leuchtend am Himmel dahin. Was er trifft, zerschmettert er. Freya, der Göttin der Liebe und Ehe war der Freitag gewidmet. Man verehrte auch die Sonne (Sonntag) und den Mond (Montag). Baldur, dem Lichtgott entzündete man zur Sonnenwende heilige Feuer (Sonnwendfeuer, Jul- oder Weihnachtsfeuer) .
Neben den Göttern gab es noch zahlreiche Halbgötter, Riesen, Zwerge, Wald- und Wassergeister u. a. m. Weise Frauen, sogenannte Alraunen, prophezeiten die Zukunft.
Eine solche Halbgöttin war auch die Frau Perchta, Perchtenmutter oder Bären- mutter genannt, die in den Rauchnächten von Haus zu Haus zog. In ihrer Be- gleitung sind Perchtenkinder und Habergeiße. Über sie gibt es zahlreiche Sagen in unserem Heimatlande.

Quelle: Leopoldschlag im Mühlviertel, Schuldirektor Franz Hendrich, OÖ. Landesverlag, Linz
ISBN ohne Nummer

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