Besuch in der Mettennacht (2. Fassung)

Der alte Jachs in der Pramhöf war einst in der Mettennacht allein zu Hause.
Plötzlich pochte jemand ans Tor und schrie: "Aufmachen!" Der gutmütige Bauer, der ein Zaubergeheimnis hatte, wußte schon, wer draußen war, und ging sorglos aufmachen. Er schloß das Tor auf, und es kamen zwölf kohlschwarze Räuber herein. Jeder war, als er die Dachtropfengrenze überschritten hatte, durch die Kunst des Bauers gelähmt. Als der zwölfte herinnen war, schloß der Bauer das Tor und führte die Bande in die Stube. Er hieß sie zu Tische setzen und trug Geld, Fleisch, Brot und Käse auf. Dann sagte er: "Eßt nur, ich hätte gemeint, ihr habt Hunger." Keiner konnte sich bewegen, da sie "angefroren" waren. Nachher sprach der Alte: "Wenn ihr schon nichts essen wollt, so nehmt euch doch das Geld, ihr seid ja deswegen gekommen." Nun nahte die Zeit, da die Leute von der Mette heimkommen sollten, es war schon drei Viertel zwei Uhr. Da sagte der Bauer: "Da ihr nichts nehmt, muß ich euch mit leeren Taschen gehen lassen." Er führte sie wieder zum Tor und zählte alle zwölf hinaus. Als sie jenseits der. Dachtropfengrenze waren, hatte der alte Jachs keine Macht mehr über sie. Er schloß das Tor und hörte sie noch schreien und fluchen. Dann zogen sie mit ihrem Mißerfolg ab.

Quelle: Leopoldschlag im Mühlviertel, Schuldirektor Franz Hendrich, OÖ. Landesverlag, Linz
ISBN ohne Nummer

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