Der Kampf mit dem Lindwurm

Zur Zeit als Herzog Karast von der Karnburg herab gebot, deckten die Gegend vom Wörthersee bis zur Drau nur feuchtes Moos, wildes Gesträuch und vielverzweigtes Baumgewirre. Während an den Bergen hin zahlreiche Herden weideten, betrat nur selten eines Menschen Fuß jenes unheimliche und undurchdringliche Dunkel, - denn keiner kehrte wieder, der sich dahin gewagt hatte. Ebenso verschwand manches fette Rind uns wurde von den Hirten vergebens gesucht. Niemand hatte den unheimlichen Würger, der Menschen und Tiere vernichtete, je gesehen; denn meist lag schwerer Nebel über der Gegend. Nur manchmal ließ sich dumpfes Knurren oder fürchterliches Geheuel vernehmen. Der herzog gebot den Tapersten seier Scharen, den Sitz des Ungeheuers auszuforschen und es zu erlegen. Doch vergebens! furcht und schrecken hatte sich auch der Kühnsten bemächtigt.

Nur List konnte das verborgene Ungetüm aus seinem sicheren Schlupfwinkel herauslocken. In kurzer Zeit stand am Rande des Sumpfes ein fester Turm, aus dessen wohlverwahrten Öffnungen man den nahenden Feind weithin beobachten konnte. Ein mutiges Häuflein von Knechten, vom Preise des Sieges angelockt, zog hin zum kampfe; denn der Herzog hatte verkünden lassen:

"Wer es wagt, mit List oder Gewalt, sich des Ungetüms zu bemächtigen, dem sei der Turm und reicher Lohn; das ganze Land von einem Flusse zum andern, so weit jetzt des Untiers gefräßiger Zahn herrscht, sei des Siegers Eigentum; er sei frei, wäre er auch ein Sklave jetzt!"

Ein fetter Stier wurd von den Knechten an eine Kette gebunden und an ihn ein Widerhaken befestigt. Das Gebrüll des geängstigten Tieres erfüllte weit umher die Lüfte. Nicht lange, und es brauste auf i Sumpfe und himmelan spritzte der Gischt. Wie ein Pfeil schoß ei scheußlicher Wurm hervor, geflügelt und panzerbedeckt. Seine Krallen packten das Tier und sein zähneerfüllter Rachen öffnete sich, um es zu verschlingen. Da faßte den weichen Gaumen das gekrümmte Eisen. In furchtbaren Reifen schlägt das Ungeheuer nun den Schweif und wütend gräbt es die spitzigen Krallen in des Rindes Bauch. Jetzt springen die Knechte rasch hervor und mit spitzbesetzten Keulen gelingt es ihnen, das Untier zu erlegen. Noch einmal krümmte und wand sich der lange Schlangenleib, dann war es vorüber und das Land von der Plage des Lindwurms befreit.

An der Stelle des Drachenkampfes entstand ein friedliches Dörfchen; und wo der Turm gestanden, baute sich der Herzog ein schützendes Schloß. Aus diesem Schloß und dem Dorfe entwickelte sich im Laufe der jahrhunderte eine Stadt, die jetzige Hauptstadt des landes, das freundliche Klagenfurt.

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Auf dem Neuen Platze zu Klagenfurt steht das riesige Bild des Untiers aus grauem Stein gemeißet; vor ihm ein Mann von mächtigem Körperbau, der eine schwere keule zum todbringenden Schlage schwingt. Auch nahm die Stadt zum steten gedenken an diesen Kampf den Lindwurm und den schützenden Turm in ihr Wappen.

Quelle: Kärntner Sagen; Franz Pehr; Verlag von Joh. Heyn in Klagenfurt; 1913

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