Der Lindwurm im kleinen Priel

Inwendig im kleinen Priel schläft der Lindwurm, das ist ein ungeheurer, grausiger Drache, dem niemand widerstehen kann. Die Luft bekommt er durch die Kreidelucke und wenn diese zerfallen wird, dann „bricht der Lindwurm aus“. Dabei berstet der ganze Berg, der mit Wasser erfüllt ist, das man beim Eingange der Kreidelucke deutlich sausen hört. Dieses innere Bergwasser ergiesst sich dann ins Stödererthal, so dass ein See entsteht, der bis zur Stocker Kapelle reichen wird, dann steht der Weltuntergang bevor.

Aber schon jetzt hat der Lindwurm öfters auszubrechen versucht.

In den Mandl-Almen (am Fusse des Kirchtag, Salmer-Alm-Nähe) war einst einst ein prächtiger Weideboden. Da erhob sich eines Tages ein unterirdisches Donnern und Rauschen. Der Berg bebte, mächtige Felsen lösten sich los und verschütteten die Weide.

Auch in der Polsterlucke wollte der Lindwurm einmal ausbrechen. Im Berge rollte und rauschte es fürchterlich, Felsmauern zersprangen und ihre Trümmer rollten auf die Wiese an der Steyer, wo sie noch heute Zeugnis von dieser Begebenheit ablegen.

Deshalb, weil kein Mensch weiss, wann der Lindwurm wirklich ausbrechen wird, werden die Hirtenbuben oft ermahnt, sich auf diesem• Berge ruhig zu verhalten, um den Lindwurm nicht zu wecken.

Quelle: Hinterstoder mit dem Stoderthale; Kleine Orientierungs-Darreichung von A. N. Gerhofer; Selbstverlag; Linz, Druck von S. Tagwerkers Witwe [um 1891]

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