Die Räuber im „Moos"

Das Moserbauernhaus, öfter auch einfach nur "Im Moos" genannt, ist ein altes Klingenschmiedhaus. Es versteckt sich hinter einem mit Obstbäumen bewachsenen Hügel, zu dem hinauf ein krummes Sträßlein führt, dort aber nicht halt macht, sondern über eine bucklige Bergwiese aufwärts zieht bis zur Waldgrenze, wo sich das Sträßlein teilt; eines führt hinauf zum "Vogeltenn", das andere durch den Wald hinauf zum Rücken des Damberges. In der Nähe des Moserhauses stand am Rande des Bühels das niedliche alte Schmiedehäuschen und schaute neugierig hinunter in den tiefen Waldgraben, in welchem ein Bächlein talwärts hüpfte; das Häuschen ist aber schon lange den Weg alles Irdischen gegangen. Die bäuerliche Überlieferung bezeichnet das Moserhaus als das älteste Haus in Unterwald; auf einem der Staubläden unter dem Dachvorsprung des jetzigen Hauses steht die Jahreszahl 1777; der steinerne Türstock, der später eingebaut wurde, trägt eingemeißelt die Jahreszahl 1869. Auch soll das Moserhaus einmal ein "Kotter" (Gefängnis) gewesen sein.

An das Moserhaus knüpft sich folgende wunderliche Sage : Vor langer Zeit herrschten vier Räuber über das Ramingtal, von denen jeder seine eigene "Residenz" hatte. Einer residierte auf dem Oberstraßergute in Kürnberg, der zweite auf dem Oberpostlergute in Behamberg, der dritte auf dem Schoibergute in Kleinraming, der vierte auf dem Mosergute in Unterwald. Der Räuber im Moserhause war unbeweibt, ebenso seine Spießgesellen. Eines Abends - es war schon spät und finster - ging der Steinleitner, dessen Häuschen weiter oben auf dem Hange des Damberges lag, auf dem Heimweg begriffen, am Moserhause vorüber. Durch einen der geschlossenen Fensterläden drang ein Lichtschein, in der Stube war ein dumpfes Gebrumme. Neugierig zwängte der Steinleitner einen der Fensterläden auf und sah hinein; in der Stube saßen die Räuber um den Tisch herum und zählten Geld. Der Laden knarrte, die Räuber fuhren fluchend von ihren Sitzen auf; der Steinleitner nahm schleunigst Reißaus, hörte aber noch Stühle und Bänke umfallen und die Räuber aus dem Hause stürmen.

Er lief nicht aufwärts gegen sein Häuschen, sondern hinab in den Waldgraben und entkam so den Räubern. Mit dem Räuber im "Moos" kam es schließlich so weit, daß er, wie die Leute sagen, nicht mehr hat aus seinem Grund mögen, so sehr wurde er von den Häschern bedrängt. Und trotzdem konnten sie ihm nichts an­haben. Aber einmal zur mitternächtlichen Stunde lockte ihn, von den Häschern aufgefordert, der Bauer Brandl in Unterwald mit den Worten "G'vatter, steh' auf, kimm außa!" Als er auf diesen Ruf des ihm bekannten Bauern das Haus verließ wurde er festgenommen und abgeführt.

Quelle: Sagen und Legenden von Steyr, Franz Harrer, Verlag Wilhelm Ennsthaler, Steyr, 3. Auflage 1980,
ISBN 3-85068-004-5

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