Das nackte Weib unter dem Vieh

Der schon lange verstorbene, fast neunzig Jahre alt gewordene Aspalter, insgemein Grössinger, Bauer auf der „Platten“ (Plattenberg bei Laussa) ging, wie er oft erzählte, in seinen jungen Jahren mit einem guten Kameraden gleichen Alters, dem Gruber Michl, eines Tages den mehr als drei Stunden langen Weg nach Steyr. Zeitlich früh, da noch golddurchwirkter Nebel über dem Gelände lag.

Als sie durch die „Höllwerts-Weid“ gingen, sahen sie plötzlich mitten unter dem weidenden Vieh ein splitternacktes Weib, ein luftig Ding, das behände und leichtbewegt unter den Tieren herumhüpfte und jedes der Tiere mit den Händen leicht, wie spielend abtastete. Als das Vieh, aufgeregt sich gebärdend, mit kerzengerade aufgereckten Schweifen wild schnaubend auseinander- und davonstob, tänzelte das nackte Weib davon wie ein lustiges Schemen und ward nicht mehr gesehen. Es soll eine Hexe gewesen sein.

Quelle: Sagen und Legenden von Steyr, Franz Harrer, Verlag Wilhelm Ennsthaler, Steyr, 3. Auflage 1980,
ISBN 3-85068-004-5

© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.

 
designed by © Norbert Steinwendner, A 4300 St. Valentin