Zum Geleit

Dieses Büchlein enthält eine Sammlung teils bekannter, teils ungedruckter Sagen und Legenden aus Admont und dem Gesäuse.

Schönheitsgesegnet ist dieses Stück Land unserer steirischen Heimat und reich an Geschichte, die wie ein Märchen beginnt: „Es war einmal“.

Einmaltürmten sich hier gewaltige Kalksteinmassen und Schiefergesteine auf, durch die sich die Enns mühsam ihr schmales Bett sägte. Durch verschiedene erdinnere Vorgänge an jener alten Bruchlinie, die vom Hochschwab bis nach Admont reicht, kam es zu Hebungen, Senkungen, Aufpressungen und Zertrümmerungen der alten Gesteinsmassen und die wildzerrissenen, scharfkantigen Formen der aufgestauten Felsklötze im gesäuse waren das Ergebnis dieser urzeitlichen Umgestaltung.

Dann schob sich der Ennstalgletscher als riesig schimmernder Eisstrom durch das ganze Tal, bis weit über das Gesäuse hinaus gegen Hieflau, blieb stecken und bedeckte alles mit Eis. Nur die höchsten firnumpanzerten Gipfel ragten wie Inselberge aus der vereisten Landschaft. Der gewaltige Gletscher häufte die Schuttmassen und Moränenhügel an, hobelte Kuppen ab, modellierte die wildzerklüfteten Felsenformen feiner, glättete ihre Wände und schürfte Hohlwannen aus, die sich mit Wasser füllten und Seen bildeten.

Nach dem Rückzug der Eismassen entstand aus dem wüsten Chaos eine Talweitung, von kahlen Bergen umgeben, von Urwald und dunklen Moränen ausgefüllt, eine unwegsame Bergwildnis, in der sich die schäumende Enns ihren Weg durch die schmale Schlucht des Gesäuses bahnen mußte.

Keltische und germanische Volksstämme trugen die ersten menschlichen Spuren hinein. Kundige Bergleute fanden am Fuße der Hallermauern ergiebige Salzquellen und reges Bergmannsleben entwickelte sich in Hall bereits im zehnten Jahrhundert.

Doch die dauernde Kultivierung dieser Landschaft begann erst mit dem Einzug der Benediktiner, die 1074 aus dem Vermächtnis der verwitweten Kärntner Gräfin, der hl. Hemma, zu Ehren der Muttergottes und des hl. Blasius im Tale „Ademundi“ ein Kloster gründeten, das zum religiösen, geistigen und wirtschaftlichen Mittelpunkte des ganzen obersteirischen Ennstales wurde.

Getreu dem Wahlspruch „Bete und arbeite“ haben die Admonter Mönche in rastloser Tätigkeit den ganzen Umkreis planmäßig und großzügig kolonisiert und christianisiert. Der wilde Urwaldboden wurde gerodet, Musterwirtschaften und Höfe für die bäuerliche Bevölkerung wurden angelegt, die Erzlager und Bergschätze ausgebeutet und blühende Hammerwerke an der Enns und in den Seitentälern errichtet. Es ist ein bleibendes Verdienst der Admonter Benediktiner, die dieses Gebiet in ein christlich-deutsches Kulturland voll blühenden Lebens umgewandelt haben.

Immer neue Siedler, Bauern und Handwerker füllten die gelichteten Plätze des weiten Klosterbesitzes. Neue freundliche Ortschaften und liebliche Pfarrdörfer entstanden in dem riesig großen Pfarrgebiet, das Erzbischof Thiemo von Salzburg 1093 zur Aussteuer dem jungen Kloster geschenkt hatte. Es reichte von Selztal und den Ardninger Klausen längs der Enns über die Buchau ins Salzatal bis nach Weichselboden und Eisenerz und war seelsorglich der Hauptkirche zum hl. Amandus in Admont unterstellt. Doch die durchgreifende Rodungsarbeit, bessere Besiedlung und wirtschaftliche Entwicklung ermöglichten allmählich die Bildung neuer Seelsorgestationen, die sich von der Ursprungspfarre Admont lostrennten. So entstand über der Buche in einem solchen Rodungsgebiet um 1140 die Kirche zum hl. Gallus im Wald, das später St. Gallen, um 1270 Landl, Anfang des 14. Jahrhunderts die Kirche im Johnsbachtal, im 15. Jahrhundert Frauenberg und Ardning und im 18. Jahrhundert entwickelten sich Gams, Altenmarkt an der Enns, Palfau und Wildalpen als selbständige Pfarren. Sie bildeten den engeren Heiltumsbezirk der Admonter Benediktiner, die darin mit Eifer die Frohbotschaft Christi verkündeten, die lernbegierige Jugend unterrichteten und ihre herzensfrohe Kultur und klösterliche Bildung hineintrugen. Es ist auch heute noch ihr Seelsorgegebiet.

Aber auch zur wirtschaftlichen Belebung dieses Gebietes haben die Admonter viel geleistet. Die ausgedehnten Waldungen und ihr Wildreichtum wurden genutzt, Schätze des Bodens zutage gefördert und auch die elementare Kraft des Wildwassers in neuerer Zeit wirtschaftlichem Interesse dienstbar gemacht. So erbaute der Abt Oswin Schlamadinger 1912 das große Elektrizitätswerk in der Mühlau, das Admont und Umgebung mit Licht- und Kraftstrom versorgt.

Bereits im 12. Jahrhundert gab es im Johnsbachtal ein regen Bergmannsleben, einen Hochofen und der Abbau von Eisen und später auch Kupfer war jahrhundertelang in stiftischem Betrieb. Ebenso blühte im 13. Jahrhundert in St. Gallen die Eisenindustrie und längs der Enns und in den Seitengräben entstanden zahlreiche Eisenhämmer, die im Anschluß an die Eisenwurzen auch hier den Wohlstand der steirischen Hammerherren und Gewerken begründeten. Denn jeder Hammerschlag kündete ja: „Dukaten, Dukaten.“

Wenn es auch heute in diesen Orten ruhiger geworden ist, das Pochen der alten Hammerwerke aufgehört hat, die Schmiedfeuer und Kohlenmeister fast ganz erloschen und die Erzadern versiegte, die Bergwerksbetriebe eingegangen sind, die Salzwerke zu Hall und Weißenbach an der Enns auf Befehl des Landesfürsten im 16. Jahrhundert verschlagen werden mußten, so fehlt es dennoch nicht an Erwerbszweigen und Beschäftigung. Die riesigen Wälder mit ihrem Holz- und Wildreichtum, die grünen Almen und im Tal eine karge Ackerkrume geben der Bevölkerung immer wieder Arbeit, Brot und Verdienstmöglichkeit.

Dazu kommt in der letzten Zeit der Fremdenverkehr. Frohe Wanderer und kühne Bergsteiger werden immer wieder von der Majestät der Gesäuseberge in ihren Bann gezogen, auch wenn diese alljährlich ihre Opfer fordern. Das Gesäuse ist heute kein Verkehrshindernis mehr. Die Eisenbahn hat ihren Schienenweg (1872) hineingebaut und an Stelle der alten Fahrstraße (1841 – 1847), die früher über den Buchauersattel nach St. Gallen ins untere Ennstal führte, erstand 1936 die moderne Gesäusestraße, auf der selbst große und schwere Kraftwagen einander gefahrlos begegnen können.

Im Herzen dieser Landschaft liegt seit uralten Tagen das Stift Admont. Mit seiner geistigen und wirtschaftlichen Erstarkung weitete sich auch die Klosteranlage. Hof an Hof schloß sich um das dopeltürmige Blasiusmünster, so daß die Abtei Admont mit der Zeit einem kleinen Staate glich, den eine zinnengekrönte Ringmauer als Schutzwehr umgab. Der Abt von Admont, einer der mächtigsten Grundherren des Landes, gebot fast über das ganze steirische Oberland. Hunderte von Untertanen zinsten alljährlich ins Admonter Kastengebäude, denn „unterm Krummstab ist gut ruhen“. Ein Strom benediktinischer Kultur ergoß sich von Admonts Stift über das ganze Land.

Glanzvolle Zeiten, in denen baulustige Äbte das Kloster prunkvoll ausgestalteten, wechselten mit Tagen schwerer Heimsuchungen, mit Unglücksjahren, Kriegen, Bränden, mit Zeiten des wirtschaftlichen Niederganges und sozialpolitischer Kämpfe um des Stiftes Recht und Besitz. Aber immer wieder hat sich das Stift Admont zu neuem Leben erholt. So ist es auch heute wiederum, nach seiner Aufhebung 1938/39 und siebenjähriger Verbannung der Stiftsmitglieder bemüht, die alten benediktinischen Kulturaufgaben der Seelsorge, des Unterrichtes und der Wissenschaft im neuen Geiste zu erfüllen.

Mit dem Namen Admont und seiner altehrwürdigen Kulturstätte, der Benediktinerabtei, sind nun fast 1000 Jahre wechselvoller Geschichte verbunden, deren poetischen Niederschlag zahlreiche Sagen und Legenden widerspiegeln. Sie sollen nicht vergessen werden. Das will dieses Büchlein, dem auch Federzeichnungen zur Illustrierung einiger Sagen beigegeben sind. Sie stammen von meinem Mitbruder P. Erwin Ehweiner, der sie mit viel Freude schuf. Für diesen künstlerischen Schmuck sei ihm herzlichst gedankt.

Für eine spätere Auflage ist die Erweiterung der Sagensammlung mit Einbeziehung der Geschichte der einzelnen Gesäuseorte und des Brauchtums im Jahrlauf geplant. Dafür habe ich bereits vorgearbeitet.

Einstweilen möge das Büchlein viele Freunde und neue Liebe für Admont und das Gesäuse werben.

Abtei Admont, am Feste des hl. Gallus 1948

Der Verfasser

Quelle: Admont und das Gesäuse in der Sage; DDr. P. Adalbert Krause O.S.B. Professor in Admont; Oberösterreichischer Landesverlag Ges.m.b.H., Linz; ohne Jahresangabe

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