Die Herberge am Pyhrnpaß

Es ist später Abend. Der Bruder Pförtner in seinem Pförtnerstübchen hat sich auf das einfache Lager gelegt. Draußen regnet es, und ein kalter Nordwestwind schlägt die Tropfen gegen das Fenster.

Da läutet die Torglocke. Ein Pilger ist es, durchnäßt und matt, der um Herberge bittet. Er ist auf dem Weg nach Rom und kommt aus der fernen Stadt Prag. Der Pförtner meldet dem Spitalmeister die Ankunft des Fremdlings. Bald darf er sich am warmen Stubenofen der Herberge trocknen. Eine Magd trägt warmes Essen auf und richtet ihm ein Lager her.

Pilgern, Soldaten, Mönchen, allen gewährte das Kloster Spital Herberge. Selbst hohe Herren begehrten Einlaß, wenn sie auf Reisen waren. Niemand wurde abgewiesen. Einmal war sogar Kaiser Maximilian I. zu Gast. Er speiste zu Abend und übernachtete. Dafür ließ er dem Stift eine große Schuld nach.

Und so mancher hohe Herr hat dem Spital ein Geschenk gemacht, weil er sich dankbar der guten Unterkunft erinnerte. Meist schenkten sie nicht Geld, sondern ein Stück Wald, eine Erzgrube drüben in der Steiermark oder ein paar Bauernhöfe mit Grund und Boden.

Viele Bauern unterstanden dem Stift und lieferten fleißig Jahr für Jahr Korn und Schmalz, Käse und Eier ab. Sie waren auch verpflichtet, für das Stift zu arbeiten, Holz zu schlagen oder als Zimmerer und Maurer Dienst zu leisten.

So wurde aus der alten Herberge ein reiches Stift, das aber längst nicht mehr besteht.

Quelle: Heimatkundliches Lesebuch, Bezirk Kirchdorf an der Krems
Herausgegeben von einer Arbeitsgemeinschaft des Pädagogischen Institutes des Bundes für Oberösterreich, Verlag Quirin Haslinger, Linz
ISBN keine

© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.

 
designed by © Norbert Steinwendner, A 4300 St. Valentin