Trüber, grauer Herbst ? Der Herbst ist BUNT !!!

07.10.2016

Die Natur wird im Herbst still, für viele Menschen grau und bedrückend mit seinen oft zahlreichen Nebeltagen. Und ja, es ändert sich vieles auch im Raader Wald zu dieser Jahreszeit. Aber dennoch - es ist nur anders als im Frühling und Sommer; man muss anders beobachten, sich auf die Natur, den Wald einfach anders einlassen, und schon sind die Begegnungen mit Tieren und Pflanzen so zahlreich wie eh und jeh ... aber eben anders ....

Der Zweigriffelige Weißdorn (Crateagus laevigata) winkt mich mit seinen seltsam dunkelroten Früchten näher, die vom Nebel feucht glänzen ... seine Blätter zeigen schon die ersten braunen Punkte, manchmal schon kleine braune Flecke, welche vom nahen Fall des Laubes künden. Die Früchte haben übrigens zwei bis drei Steinkerne in ihrem Inneren verborgen ....

... und in direkter Nachbarschaft findet sich ein Gewöhnlicher Spindelstrauch (Euonymus europaeus) den der oft in Bildern redende Volksmund als "Pfaffenkapperl" tituliert, weil die orange und purpurrosa gefärbten Fruchtkapseln an eine kirchliche Kopfbedeckung erinnert.

Die Samen des Gewöhnlichen Spindelstrauchs (Euonymus europaeus) müssen übrigens drei bis vier Jahre am Boden bzw. in der Erde "ruhen", bevor sie zu einer Keimung bereit sind! Einen wichtigen Freßfeind hat der Strauch übrigens: die Raupen der Pfaffenhütchen-Gespinstmotte (Yponomeuta cagnagella), die wir >>> im Frühjahr schon kennen gelernt haben ...

Fast nur mehr das Einjährige Berufkraut (Erigeron annuus) verfügt über genügend Kraft, die letzten Blüten standhaft in das kürzer werdende Tageslicht zu halten.

Ein wunderschönes dunkles Herbstrot zeigen bereits die Blätter entweder der seltenen Wilden Weinrebe (Vitis vinivera), oder der aus Amerika eingebürgerten Selbstkletternden Jungfernrebe (Parthenocissus quinquefolia), wobei letztere auch als "Wilder Wein" bezeichnet wird. eine genaue Bestimmung dieser Pflanze ist allerdings noch ausständig ...

Eine der letzten Karthäusernelken (Dianthus carthusianorum), deren Blütezeit eigentlich im September ausläuft, ist an einem lichten Platz entlang des Weges noch aufzufinden. Trotzig reckt sie ihre satt gefärbte Blüte in den Himmel und will so die Aufmerksamkeit von bestäubenden Insekten erlangen. Und tatsächlich - ihre Chancen stehen gar nicht schlecht, wie sich nur wenige Meter weiter zeigen wird ....

Ein gelber Farbklecks läßt mich vom Weg abweichen und diese kleinräumige Herbststimmung ins Auge fassen .... erst nach dem Fotografieren dieses letzten Restes einer Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria) werde ich aufmerksam und nehme die roten länglichen Punkte auf den bereits eingerollten, der abendlichen Sonne zugewandten Blättern genauer unter die Lupe ....

... und tatsächlich, es mußte fast Herbst werden, um diese bisher noch nicht aufgefundene, dabei aber so auffällig gefärbte Ritterwanze (Lygaeus equestris) anzutreffen. Eine weitere Nachsuche blieb auch prompt ergebnislos; nur zwei Exemplare dieser hübschen Wanzenart konnte ich hier finden ... Dem schwarzen Ritterkreuz am Rücken hat diese Wanze wohl ihren Namen zu verdanken, wodurch sie auch praktisch unverwechselbar ist ....

Wesentlich weiter fortgeschritten ist die Verfärbung des Laubes bei einzelnen Eichen, welche ihre Äste tief an den Boden herunterhängen haben. Aber immer noch beschränkt sich die Färbung auf einzelne Blätter an einzelnen Ästen ....

Die Krautschicht ist vielerorts bereits den kalten Nächten zum Opfer gefallen. Manche Pflanzen vergilben, werden weich und beugen sich danach zu Boden, manche werden durch den Frost geschädigt und weren dann schon durch ihr Eigengewicht zu Boden gedrückt. So wird der Blick frei auf gefallenes, jugendliches Holz, das entweder durch Windböen oder Schneedruck des letzten Winters umgelegt wurde und so ein fast undurchdringliches Dickicht bildet ....

Die Früchte der niedrigwachsenden Lampionblume (Physalis alkekengi) machen ihre eigene Herbststimmung. Die verholzten Stengel der Pflanze halten etwas länger der Kälte stand und so ragen die intensiv gefärbten, geschlossenen Blütenkelche mit ihren darin eingeschlossenen Früchten über das niedergedrückte Gras hinaus. Der ursprung dieser pflanze ist übrigens unklar - sie kommt in Südosteuropa und Westasien vor, kann aber auch aus China zu uns verbracht worden sein.

Wie zarthäutig die Blütenkelche der Lampionblume (Physalis alkekengi) sind, zeigt die Tatsache, dass sie noch am Stiel verwittern können, wodurch nur mehr die härteren Adern einen zerbrechlichen Schirm um die inliegende Frucht bildet.

Wie die Bilder zeigen, kann doch niemand sagen, dass der Herbst eine ausschließlich graue, trübe Zeit sei! Wie so oft in der Natur kommt es auf das Auge des Betrachters an, WAS er als Signal des beginnenden Herbstes wahrnimmt .... den morgendlichen grauen Nebeldunst, oder die vielen kleinen und bunten Wunder am Weg ....

>>> zum nächsten Tagebuch-Eintrag ...

 

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